615 km nonstop mit dem Rennrad – geht das? Meine Erfahrung beim Fichkona Radmarathon

Teilnehmer der Fichkona bei der Durchfahrt durch Chemnitz

Vorweg gesagt: es geht, schließlich ging diese Tour in diesem Jahr in die 24. Runde und die Mehrzahl der Teilnehmer:innen ist immer “oben” angekommen. Fichkona, der Wahnsinnsritt im Osten, startet immer an einem Samstag Mitte Juni um 10 Uhr auf dem Fichtelberg (1214 m ü.NN) ganz im Süden Sachsens und endet mit einer angepeilten Fahrzeit von 24 Stunden ganz im Norden der Insel Rügen, dem Kap Arkona (43 m ü.NN).

Gehört habe ich davon das erste Mal vor über 20 Jahren. Seitdem hatte ich das Thema als existent, aber für mich drei Nummern zu groß, abgespeichert. Ich bin leidenschaftlicher Radfahrer, auf jedem Terrain unterwegs und immer für Herausforderungen offen, aber 615 km am Stück erschienen mir doch etwas zu verwegen. Im letzten Jahr bin ich durch Zufall einem alten Schulfreund begegnet, der diese Tour schon absolviert und mit großer Begeisterung davon erzählt hat. Ich habe mich im Anschluss angemeldet und durch viel Glück auch einen der sehr begehrten Plätze ergattern können. Jetzt musste ein Trainingsplan erstellt und baldigst umgesetzt werden, denn ein halbes Jahr Vorbereitung ist eher sehr knapp. Bis Mitte Juni hatte ich schließlich 4000 Trainingskilometer zu verbuchen, davon regelmäßige Touren über 200 bis 350 km. Ich fühlte mich fit und freute mich auf dieses Abenteuer, was am 17. Juni 2023 um 10.15 Uhr für mich begann.

Auf dem Fichtelberg ist es auch im Sommer recht kühl und da es die ersten Kilometer sehr zügig bergab geht, begann die Fahrt sehr erfrischend. Ich war sehr neugierig, wie die ersten relevanten Anstiege verlaufen würden und hoffte, mich nicht schon am Anfang dieses Marathons unnötig verausgaben zu müssen. In Bärenstein, wo es die ersten Höhenmeter wieder bergan ging, gab es dann aber Entwarnung, alle Fahrer:innen wussten wohl wie viele Kilometer noch vor uns liegen. In flotter Fahrt ging es durch das hügelige Erzgebirge und durch Chemnitz bis zur ersten Pause nach 90 km. Langsam kam immer mehr Routine in das Fahrerfeld und mit dem flacher werdenden Höhenprofil verbreitete sich zunehmend Entspannung unter den Teilnehmer:innen. und mir wurde langsam bewusst, welch komfortable Veranstaltung Fichkona ist.

Man fährt in der Gruppe, kann und muß den Windschatten nutzen und es gibt vorn und hinten je ein Begleitfahrzeug, welche den Verkehr fernhalten. Bei den wenigen und kurzen Pausen wurde von der Begleitmannschaft ein üppiges Buffet aufgebaut und man konnte an mitgeführte persönliche Sachen, wenn dies notwendig war. Wir rollten mit  einem Durchschnittstempo von 30 km durch Nordsachsen, kamen in Sachsen-Anhalt in einen kräftigen Schauer und steuerten auf Potsdam zu, wo uns ein absolutes Highlight erwartete. Auf einem Parkplatz vor der Stadt wurden wir von einer Polizei Eskorte erwartet, welche uns die Bahn frei hielt, so dass wir mit 40 Sachen durch Potsdam rollen konnten. Was für ein Unterschied zur Sportstadt Chemnitz, wo wir an 15 Ampeln warten mussten!

Die Nachtfahrt sollte die wohl anstrengendste Etappe werden. Nach Mitternacht kommt die Müdigkeit und man muss aufpassen nicht in Sekundenschlaf zu verfallen. Die Gespräche verstummten nach und nach, jeder musste sich auf den vorausfahrenden konzentrieren und war mit den Signalen seines Körpers beschäftigt. Am meisten machten mir langsam einsetzende Kopfschmerzen zu schaffen, zum Glück hatte ich aber keine Sitzprobleme und nur mäßige Nackenschmerzen, Körper und Rad funktionierten perfekt. Die Nacht war kurz und gegen 3.30 Uhr kündigte sich das erste Licht des neuen Tages an. Mit zunehmender Helligkeit verflogen alle Probleme und ich war mir mittlerweile sicher, gut am Kap Arkona anzukommen wenn es keine Panne oder Unfall gibt.

Kurz vor dem Rügendamm gab es nochmals eine Pause und man konnte jetzt die Euphorie unter den meisten Fahrer:innen spüren. Die letzten 65 km auf Rügen zogen sich dann doch noch hin. Es war überraschend hügelig, der Wind frischte auf und die Führungsarbeit vor der Gruppe musste mittlerweile mehr oder weniger ausgelost werden. Gegen 10.30 Uhr hatte ich das Ziel am Kap Arkona erreicht: ausgepowert aber glücklich und  höchst zufrieden. Fichkona war für mich ein großartiges Erlebnis mit vielen emotionalen Momenten und tollen Menschen! Die Organisation war äußerst professionell, ein großer Dank geht an das ganze Team um Olaf Schau, die Fahrzeug- und Küchen Crew und natürlich an Sergeant “Noch fünf Minuten” Volker, der uns unmissverständlich lautstark das Ende der Pausen ankündigte. Ihr wart alle Spitze!!

Andreas Ahner, Juli 2023

Hier gibt es in kurzes Video zur Fichkona 2023.